Bericht: Afghanistan und die Flucht nach Europa

Afghanistan und die Flucht nach Europa

Erik Marquardt und Tobias B. Bacherle eröffnen Fotoausstellung zu den Fluchtrouten

Fotojournalist Erik Marquardt hat im Sindelfinger s‘ Cafe mit einem Vortrag seine eindrucksvolle Foto Ausstellung Afghanistan-Hoffnung, Flucht und Vertreibung eröffnet. Marquardt ist Mitglied im Parteirat von Bündnis 90/Die Grünen und war in den letzten Jahren immer wieder auf Fluchtrouten unterwegs. Mit seinen bewegenden Bildern gibt er authentische Einblicke in die Situation vor Ort: in diesem Jahr war er auf seinen Reportagen unterwegs in Afghanistan und begleitete NGOs auf dem Mittelmeer.
Die Ausstellungseröffnung war das letzte der Auftaktevents zur Bundestagswahlkampagne der Grünen im Kreis: In den letzten Wochen waren unter anderem der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour und Agniezka Brugger, Grüne Obfrau im Verteidigungsausschuss zu Gast beim Böblinger Bundestagskandidaten Tobias B. Bacherle und seiner Partei.

Mit seiner Fotoausstellung gewährt Marquardt einen dramatischen Blick auf die Situation der Menschen, die in Booten und zu Fuß über die Balkanroute auf der der Flucht sind. „Eindrucksvoll zeigen seine Bilder, was für dramatische Szenen sich auf den Booten und Fluchtrouten abspielen“, kündigt Bacherle seinen Berliner Gast an und verspricht damit nicht zu viel.
Marquardt: „ Umso perfider ist die aktuelle Diffamierungskampagne der Bundesregierung und von Herrn de Maiziere und sein Vorwurf, die NGOs würden den Schlepper in die Hände arbeiten. Dahinter steckt ganz einfach der Gedanke, wenn die Hilfsorganisationen die Menschen nicht retten, dann machen sich in Zukunft auch weniger auf den gefährlichen Weg. Ertrunkene Flüchtlinge sollen hier ganz gezielt zur Abschreckung dienen. 2.400 haben allein schon in diesem Jahr die Überfahrt nicht überlebt und das, was auf dem Wasser stattfindet, ist eindeutig Seenotrettung“. Was klar sein müsse: Für diese Menschen gebe es einfach keinen Weg zurück. Wenn sie das Meer erreichten, hätten sie bereits die Sahara durchquert und wochen- und monatelang die menschenunwürdigen Bedingungen in libyschen Lagern ertragen müssen.
Dramatische Bilder brachte Marquardt auch von seinen Reportagen von der Balkanroute mit. Anklagend und aufwühlend sind seine Bilder aus dem später abgebrannten, griechischen Hotspot Cap Moria auf Lesbos wie das Foto eines ausrangierten, großen Kühlschranks, in dem sich völlig durchnässte und unterkühlte Menschen versuchten aufzuwärmen. „Es ist unvorstellbar, wie unmenschlich die Zustände hier waren. Niemand hat sich für diese Menschen interessiert, keine Regierung hat sich engagiert“
Eindrucksvoll auch seine Bilder aus Afghanistan und Kabul. Die Situation für die Menschen, so Marquardt habe sich verschlechtert, große Teile des Landes seien wieder unter der Kontrolle der Taliban, auch das UNHCR bestätige, dass es in Afghanistan keine sicheren Regionen gäbe. „Mehr als widersprüchlich ist es da, wenn Botschaftsangehörige wegen der Sicherheitslage sich nicht mehr trauen die Botschaft zu verlassen, aber afghanische Flüchtlinge in ein vermeintlich sicheres Heimatland abgeschoben werden. Auf das Konto des IS gingen 2016 zehnmal so viele Tote wie im Jahr zuvor. Die Einschätzung des Innenministers, das sind Opfer aber keine Ziele, ist so einfach nicht haltbar“.
Im Anschluss an den Vortrag diskutieren Bacherle und Marquardt noch mit den 50 Besucherinnen und Besuchern. Dabei machte Bacherle auch noch einmal deutlich, dass es langfristig eine Neuausrichtung der deutschen und europäischen Handelspolitik brauche. Um Fluchtursachen langfristig zu bekämpfen müssten auch ökologische und soziale Standards und Werte in die Handelspolitik einbezogen werden.
Die Ausstellung im Sindelfinger ‘s Café ist sechs Wochen bis Ende August zu sehen